Reisetipps: Sandfahren mit 2x4 und 4x4

... und wie ich mit meinem Geländefahrzeug auch besser durchkomme

 

Mit unserem 2x4 Ford Transit Hidalgo haben wir Sand, Sanddünen und Tiefsand meistern müssen. Zu Schlamm, Laterit & Co werde ich demnächst einen eigenen Tipp verfassen. Die ersten Sanderfahrungen sammelten wir ein paar Jahre vor unserer einjährigen Reise mit einem Geländefahrzeug im Kaokovelt bei den Himbas in Namibia.

 

Namibia ? Kaokovelt 2003

Wir treffen eines Morgens auf zwei Geländewagen von zwei Familien aus Botswana. Rick meint zu mir: »Du bist im Sand sicher mit Vierradantrieb gefahren?«

»Na klar!«

»Blödsinn, so lernst du nie richtig im Gelände fahren.«

Rick erklärt mir beim unvermeidlichen Bier was ich nun tun soll. Luft aus den Reifen lassen, vorausschauend fahren, Hindernisse mit Schwung nehmen: »und wenn ihr stecken bleibt ziehen wir euch mit der Winde heraus!«

Beruhigend und tatsächlich - es funktioniert! Unglaublich sogar durch die ausgetrockneten, weichsandigen Flussläufe kommen wir mit Schwung durch. Auf gerade mal 27 Kilometer der Reise benötigen wir noch unseren Vierradantrieb. Dabei ist der Van Zeyls-Pass angeblich der härteste Afrikas. Interessant!

 

Notwendige Ausrüstung für Sandfahrten

Aufgrund dieser Erfahrungen haben wir uns schlussendlich für einen robusten normalen Bus mit kleinen Modifikationen entschieden. Wir wissen, dass wir mit sorgfältigen Vorkehrungen und Improvisation auch Gelände meistern können ? Hinterradantrieb vorausgesetzt. Empfehlenswert sind mindestens 2 Sandbleche, ein Jack-all- oder Highjack Wagenheber mit einem zweiten Wagenheber samt großer Auflagefläche (mind. 2 Stück 60 x 30 cm großes Holzbrett vom Bau oder weitere Sandbleche), rund 28 Meter Berge- und 2 Meter Ankergurt, genügend Schäkel, eine Sandschaufel, ein kleiner Spaten, ein leistungsstarker Kompressor, eine Handpumpe (als Ersatz), ein Neigungsmesser und ein genauer Luftdruckmesser (wir haben einen bis 4 bar, doch bei voller Beladung ist auf Asphalt 4,45 bar lt. Hersteller ideal - war jedoch nicht so tragisch mit dem Schätzen).

Siehe auch den Reisetipp zu Sandbleche, Wagenheber und Seilwinde.

 

Der richtige Reifendruck im Sand

Das A und O für Fahrten im Sand sind Reifen, Reifendruck und vorausschauendes Fahren. Wir sind mit handelsüblichen M&S-Reifen, die je 950 kg tragen können, gefahren. Am besten sind nach unserer persönlichen Erfahrung die Goodyear-Reifen (Stollen) vorne und die Michelin-Reifen hinten, da sie keine Stollen haben. Dadurch graben sie sich bei Vollgas auf (tief)sandigen Abschnitten nicht so leicht ein. Bei normal tragendem Sand reduziere den Luftdruck vorne auf 2,3 und hinten auf 2,5 bar. Für Tiefsandstellen ? sofern du sie rechtzeitig erkennst sind 1,5 bar und 1,8 bar angesagt. Bei besonders gemeinem Sand lasse die Luft ruhig bis auf 1 bar ab ? ebenso, wenn du dich eingegraben hast. Achtung: Der ideale Druck richtet sich nach dem Gewicht des Fahrzeuges ? Hidalgo, unser Bus wiegt voll beladen um die drei Tonnen. Also diese Richtwerte nicht mit einem LKW ausprobieren ;-) ? bei einem bar springt beim LKW der Reifen von der Felge, wie wir aus Erzählungen wissen.

Nachträglicher Tipp: Nach der Fahrt ist der Druck durch Walkbewegungen höher (!) - also entsprechen 2,3 bar bei einem warmgefahrenen Reifen so circa 2,8 bar dem kalten Reifen. Die Werte beziehen sich alle auf den noch nicht gefahrenen Reifen. Je weniger Duck & je höher das Fahrzeuggewicht, desto größer die Hitze und damit der relative Druckunterschied.

Zu 1 bar Reifendruck siehe unser DAILY vom Sa 19.3. ? Mo 21.3.2005:

www.weltleben.at/Reisetipps-Sandfahren-1bar

 

Tipps für Sandfahren

Den Sand lernst du mit der Zeit zu lesen - wichtig ist der/die BeifahrerIN als Copilot. Copilot schaut weiter voraus, du musst nur selten die Entscheidung eines guten Copiloten korrigieren. Du kümmerst dich nur um die nächsten 40 Meter vor dem Fahrzeug und triffst die blitzschnellen Entscheidungen. Beispielsweise am Dünenkamm angekommen: Rutscht du seitlich? ? Achtung wegen der Neigung! Links oder rechts die Düne wieder hinunter, damit du nicht in eine dahinter liegende Falle gerätst oder muss es gerade sein?

Im flacherem Gelände vor einer Tiefsandstelle Vollgas geben und durchfahren. Wenn du dich drinnen befindest keinesfalls vom Gas gehen, mit schleifender Kupplung (nur wenige Sekunden möglich) kannst du noch einige Meter machen. ABER: Sobald du merkst, dass du dich verbuddelst gehe sofort (!) vom Gas, sonst verschlimmerst du deine Lage. Wenn du mit höherem Reifendruck eine Tiefsandstelle rechtzeitig erkennst und noch einen sicheren Platz zum stehen bleiben findest: Lasse Luft ab! Es ist wesentlich weniger Arbeit die Reifen wieder aufzupumpen als eine Befreiungsaktion.

Achtung! Tiefsandstellen können sehr lange sein: Die längste Tiefsandstelle waren um den Tschadsee fünf (!) Kilometer! Normalerweise wenige hundert Meter bis 2 Kilometer. Das Schlimmste war ein 10 Kilometer langes Dünenfeld ohne Möglichkeit auch nur kurz zu verschnaufen ? haben es wie durch ein Wunder ohne stecken zu bleiben geschafft. Danach waren wir beide nassgeschwitzt und hätten uns einen 4x4 gewünscht ;-)

 

Spurrrillen mit wenig Bodenabstand fahren

Gemein sind tiefe Spurrillen von hoch gelegten Geländefahrzeugen und LKWs. Da du mit wenig Bodenfreiheit unweigerlich auf dem Gupf in der Mitte aufliegst versuche möglichst mit einer Seite auf diesem Gupf zu fahren. Achtung! Damit gerätst du meist in eine Schräglage.

Lote vorher den Schwerpunkt des Fahrzeuges genau aus ? merke dir die kritische Marke am Neigungsmesser. Wenn das Fahrzeug zu kippen beginnt hast du nur Sekundebruchteile es wieder mit leichtem (!) Gegenlenken zu fangen. Damit es gar nicht so weit kommt vermeide alles, was deinen Schwerpunkt höher legt. Also keine Wassertanks, Benzinkanister und anderes schweres Gerät aufs Dach, wie so beliebt. Versuche alles Schwere möglichst tief zu verstauen ? plane die Stauräume möglichst in Bodennähe des Fahrzeuges ? gibt enorme Reserven. Baue eine große Panzerstahlplatte zum Schutz der Ölwanne ein (möglichst breit, sodass gerade nicht die Lenkung blockiert wird). Lege die Knicke der Stahlplatte so an, dass du auf Sand wie mit einem Schlitten aufschwimmst. Also nicht gerade sondern von der ?Achse? sollte es schräg nach oben gehen, wie bei einem Ski die Spitze. Das hat uns sehr oft geholfen.

Sobald wir auf dem Sandgupf der LKWs in der Mitte mit der Stahlplatte aufschwammen reichte ? sofern uns das Glück hold war ? eine beherzte Lenkbewegung, um eine Reifenseite wieder auf den Gupf zurück zu zwingen (Erfolg: 1:50, dann buddeln;-). Dicke der Platte: Für Sand reichen bei Stahl 5 mm doch gegen Steine sollten es schon 8 mm oder der westlich härtere und teurere Panzerstahl mit rund 5 mm sein.

Zu Spurrrillen siehe unser DAILY vom Fr. 1.7.2005:

www.weltleben.at/Tipps-Sandfahren-Spurrillen

 

Leichte Sandbefreiungsaktionen

Wenn du in normalem Sand stecken bleibst reicht es oft aber nicht immer die Luft auf 1 bar abzulassen ohne die Sandbleche zu benützen ? findest du mit der Zeit heraus. Anfahren mit oder ohne Sandblech: Zügig, jedoch nicht unkontrolliert losfahren ? ideal ist es, wenn zusätzlich angeschoben wird. Achtung! Die Sandbleche können bei zu brutalem Losfahren nach hinten geschleudert werden! In tieferem Sand sind dann sowieso die Sandbleche angesagt. Im Notfall geht es natürlich auch mit Ästen und Steinen ? haben wir selbst in Namibia ausprobiert. Doch seit damals sind wir Sandblechfans!

Zu leichten Befreiungen siehe unser DAILY vom Sa 2.7.2005:

www.weltleben.at/Tipps-Sandfahren-Daily

 

Wie befreist du dich aus Tiefsand?

Luft ablassen. Grabe dann die Reifen in Ausfahrrichtung so frei, dass du die Sandbleche bis zum unteren mittleren Auflagepunkt der Reifen schieben kannst ? also richtig unter den Pneu schieben! Vorsicht auf die Finger, damit der Reifen nicht draufrutscht! Die Bleche sollten möglichst vollständig am Sand aufliegen, damit sie sich nicht zu arg verbiegen.

Wenn das Differential oder gar der Boden des Fahrzeugs aufliegt muss dies zuvor auch freigegraben werden ? gilt natürlich auch für den Motorraum. In schlimmen Fällen muss das Fahrzeug mit dem Jack-All oder ähnlichem Wagenheber hoch gewuchtet werden und/oder zusätzlich mit dem zweiten Wagenheber. Die Vorderreifen ebenfalls frei graben, Luft ablassen Hölzchen (wir hatten 60 x 30 cm großes Holzbretter vom Bau dafür) oder weitere Sandbleche unterlegen. Wenn du keine zusätzliche Sandbleche, so wie wir hast kannst du auch Rundhölzchen ? sofern vorhanden ? mit rund 5 cm Durchmesser und rund 35 cm Länge zurechtsägen. Losfahren, wie zuvor bei einer leichten Befreiungsaktion.

Mit 98 Hölzchen, 1 Palmenstamm, 2 Sandblechen und dem Jack-all Wagenheber haben wir uns beim Tschadsee in neun Stunden sogar aus Ton befreit... Hechel ;-)

Ein zweites Mal würden wir statt 2 Sandbleche 6 Stück mitnehmen. Viele Tiefsandsituationen (samt Tonfallen;-) sind so wesentlich schneller zu meistern.

www.weltleben.at/Reisetipps-Sandfahren-Daily-Ton

Weshalb 6 Stück? Siehe auch den Reisetipp zu Sandbleche, Wagenheber und Seilwinde im Extremreiseblog [ganz oben auf dieser Seite anklicken].

 

Wenn ein anderes Fahrzeug in der Nähe ist...

...reicht meistens ein wenig freibuddeln, dann den langen Bergegurt am Bergefahrzeug anhängen, um dich zu befreien. Vorsicht: Langsam anfahren, bis der Bergegurt gespannt ist und erst dann Gas gaben. Der Fahrer im zu befreienden Fahrzeug gibt natürlich auch dezent Gas.

 

Bitte sei vorsichtig! Fahren im Sand und in der Wüste sind mit einem 2x4 Grenzgänge. Befreiungsaktionen können auch schief gehen. Wagenheber können trotz Unterlage wegkippen und dich einklemmen - also mit einem Holzklotz, etc. absichern! Sandbleche auch mal bei kontrolliertem Anfahren wie Geschosse wegflitzen und Personen verletzen. Eine falsch eingeschätzte Schräglage und das Fahrzeug kugelt eine Düne hinunter, usw. (gilt auch für 4x4). Alles hier Beschriebene ist auf eigene Verantwortung mit größtmöglicher Vorsicht auszuprobieren. Wir übernehmen keine wie immer geartete Haftung für Schäden oder Folgeschäden. Irrtümer vorbehalten.