Idriss Déby und die Situation im Tschad

Im Jahr 1990 kehrte Idriss Déby, ein muslimischer Kriegsherr der Volksgruppe der Zaghawa, die grenzüberschreitend in der sudanesischen Darfurregion so gnadenlos verfolgt wird, aus seinem selbst gewählten sudanesischen Exil mit einer 2000 Mann starken Privatarmee in den Tschad zurück.

Als Befreier.

Doch vor seiner Flucht war er Armeechef von ›Afrikas Pinochet, den er aus dem Amt jagte. Präsident Habré flüchtete in den Senegal und wurde dort im Laufe des Jahres 2000 unter Hausarrest gestellt. Man wollte ihm wegen unzähliger Morde während seiner Herrschaft – es sollen um die 40 000 sein – den Prozess machen, scheiterte jedoch am internationalen Recht. Man sei leider nicht zuständig, wie das Berufungsgericht des Senegals 2001 feststellten musste. Im August 2008 wird er von einem tschadischen Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt werden.

Im Jahr 1996 gewann Idriss Déby die ersten mehr oder weniger demokratischen Präsidentschaftswahlen. Die freie Wahl des Parlaments im darauf folgenden Jahr soll ein wenig fairer abgelaufen sein. Keinen Afrikakenner überraschte es besonders, als Idriss Déby auch die Wahlen des Jahres 2001 gewann; und danach habe er eine positive Wandlung durchgemacht, die vielleicht, so unsere Mutmaßung, von seinen Herzproblemen her rühren könnte. Es scheint jedoch eher einfach nur eine weitere Taktik des bisher ungeniert agierenden Machtmenschen zu sein.

Wie auch immer.

Der gute oder nicht so gute Präsident gewann auch seine dritte Wahl im Juli 2004, nachdem zuvor in einem Referendum festgestellt wurde, dass er auch noch eine weitere Periode Präsident sein könne. Ein Mitglied der Präsidentenfamilie fand dies wohl nicht ganz so toll und versuchte zwei Monate vor der Wahl zu putschen – andere wollen schließlich auch mal abkassieren ... Der Putschist kassierte angeblich statt einer Kugel zwei Koffer voller Geld und verließ das Land ohne Rückflugticket ins vergoldete Exil.

Tatsache ist, Präsident Déby hat seit letztem Jahr im Land gewaltig aufgeräumt und versucht nun, sein Volk zu vereinen.

»Um die wankende Macht zu behalten«, wird man uns in N’Djamena hinter vorgehaltener Hand zuflüstern.

Polizei, Gendarmerie, Militär, Zoll und andere Staatsorgane sind, wie wir zumindest festgestellt haben, an Korrektheit derzeit kaum zu übertreffen. Wir hören jedoch auch andere Geschichten. Eines hat sich jedoch verbessert, darüber herrscht Einigkeit: Vor einem Jahr waren noch überall Polizei- und Militärposten, vor denen man sich in Acht nehmen musste, doch jetzt sind die Beamten in der Regel so friedlich wie Antilopen, denn es ist Schluss mit den Unsitten der Vergangenheit! Wandlungen vollziehen sich in Afrika meist schnell, die Positiven, genauso wie die Negativen. Hat sich Idriss Déby tatsächlich gewandelt oder handelt er nur notgedrungen und wird er mit dem neuen Ölreichtum etwas für die Bevölkerung des Landes tun?

Leider wird auch über zwei Jahre später kaum etwas von den Petrodollars für die Bevölkerung übrig bleiben. Es ist immer das gleiche alte Spiel im neuen Gewand. Doch es geht noch besser, denn das Leben schreibt oft bühnenreife Dramen mit skurrilen Untertönen. Im Frühjahr 2006 wird die per Vertrag verpflichtete Schutzmacht Frankreich Präsident Déby, ihren afrikanischen Lieblingsherrscher, vor dem Sturz bewahren, denn es befindet sich immerhin der wichtigste französische militärische Stützpunkt Afrikas in diesem an Öl und auch Uran so reichen Land.

Von Klaus, einem idealistischen Arzt, den wir zwei Länder weiter kennen und schätzen lernen werden, werden wir im Sommer des Jahres 2006, als er uns in Wien besucht, erfahren, wie die Franzosen vorgegangen sind: »Fünfzig schwer bewaffnete Geländewagen mit Rebellen sind vom Süden in Richtung der Hauptstadt gezogen. Die Franzosen haben sie von ihren Jets aus in Grund und Boden bombardiert und damit die Invasion gestoppt.«

In Europa wird dies 2006 kaum jemanden interessieren, ganz anders zwei Jahre später. Im Frühjahr 2008 werden es die Rebellen mit um die 300 schwerbewaffneten Pick-ups erneut versuchen. Diesmal sind die Medienvertreter in großer Zahl Vorort und berichten live in die Wohnzimmer rund um den Globus. Die vollbesetzten Geländewagen erneut in bizarre Skulpturen aus Stahl und Menschenfleisch zu zerbomben dürften die Franzosen nun vor den Kameras der Weltöffentlichkeit als die falsche Option ansehen.