Esel am Krokopool
Kleine Krokos
Kids am Morgen

Neuer Bericht von den den Wüstenkrokodilen von Mauretanien - Teil II

Fortsetzung von Teil I:

»So werden wir die Viecher wohl nie finden!«, seufze ich mit schwindender Hoffnung.

    Bei der nächsten einsam gelegenen Hütte überrede ich gestenreich den Sohn des Hauses, uns die Tiere selbst zu zeigen. Daraufhin läuft der kleine Mohamed Vlai wie ein flinkes Wiesel mit ausholenden Schlangenlinien in Richtung der Berge. Er ist überglücklich, als er Spuren von Geländefahrzeugen im hellen Sand entdeckt. Wir folgen der Fährte solange, bis sie in ein Tal führt. Bald verengt es sich zu einer Schlucht mit geschichteten, ockerfarbigen Felswänden, die organisch, wie von Wasser zurechtgeschliffen,anmuten. Nach zwanzig Minuten erreichen wir das Ende der Schlucht, wo sich ein rund 90 Meter langer und 30 Meter breiter Pool befindet. Das smaragdgrüne Wasser wird von einer traumhaften Szenerie aus steil aufragenden Felsen und einigen Plattformen umrahmt. Auf einer höher liegenden Ebene thront ein abgestorbenes schwarzbraunes Baumskelett. Dieser Anblick alleine wäre schon atemberaubend, doch mit sechs Krokodilen haben wir gerade den Jackpott geknackt. Drei lagern in nur fünfzehn Metern Entfernung, gemütlich am Strand in der Sonne faulenzend, vor uns. Drei weitere schweben auf der linken Seite des Tümpels im Wasser.

    Selig grinsend öffne ich mit bedächtigen Bewegungen den Kamerarucksack.

    »Merde! Mist!«, entfährt es mir.

    Sofort platschen die Krokodile ins Wasser und gehen auf Tauchstation. Gisi sieht mich vorwurfsvoll an.

    »Was soll das?«

    »Ich habe nur die Linsen mit. Die Kamera liegt im Bus«, antworte ich mit Tränen in den Augen. »Verflucht! So was Blödes muss mir ausgerechnet heute passieren.«

    Wir begeben uns auf einem rund vier Meter über dem Pool liegenden Felsen auf Beobachtungsposten. Langsam tauchen die Wüstenkrokodile wieder auf. Eines nach dem anderen. Aus sechs werden zehn, schließlich zwanzig Augenpaare. Das Wasser geht uns langsam aus, da wir seit bald drei Stunden unterwegs sind.

    Mohamed Vlai wäscht in aller Ruhe sein Hemd im Tümpel aus. Ein Hirte, der seine Ziegen am Krokopool tränkt, erklärt uns, dass die Tiere noch nie jemandem etwas zuleide getan hätten.

    »Sie ernähren sich ausschließlich von Fisch«, ergänzt er beim Abschied.

    Der Rückweg wird zu einem Spaziergang in der brütenden Mittagshitze, zum überraschenderweise nur 1,8 Kilometer vom Ausgang der Schlucht entfernt parkenden Hidalgo. Ein wenig dehydriert, doch überglücklich, erreichen wir unseren Bus.

    Eine Stunde später mache ich mich, mit tropfnassem Langarmshirt und schwarz-weißem Arabertuch bei 48 Grad Celsius im Schatten, erneut auf den Weg. Diesmal mit der Kamera.

    In der Schlucht erspähe ich schon von weiter Ferne ein großes, am Strand dösendes Krokodil und neun weitere im Wasser. Zu meinem Leidwesen huscht das große Reptil, sobald ich mich annähere ins schützende Nass, um mit den anderen abzutauchen. Nur noch ein paar Luftblasen erinnern an die Bewohner. Ich mache es mir wieder am Beobachtungsfelsen gemütlich. Der Ort strahlt eine besondere Harmonie und Friedlichkeit aus, die ich begierig in mich aufnehme. Nach fünf Minuten kehren die ersten Wüstenkrokodile an die Oberfläche zurück, wobei sie mit zwei im Hintergrund grasenden Eseln ein tolles Bild ergeben würden: das reinste Paradies auf Erden.

    Ich beobachte ein mächtiges Krokodil durch mein Teleobjektiv, da es mich bereits seit geraumer Zeit fixiert. Es taucht kurz ab, um mit einem quer im Maul stehenden Fisch senkrecht in die Höhe zu schießen. Das Reptil fällt ins Wasser zurück, worauf es mit seinem Körper wild um sich peitscht, um sich zu stabilisieren. Mit schnappenden Maulbewegungen

richtet es sich den Fisch so lange zurecht, bis er im Ganzen hinuntergeschluckt werden kann.

    »Wahnsinn!«, rufe ich euphorisch, da ich alles auf Film bannen konnte.

            Mit hämmernden Kopfschmerzen, doch mit mir und der Welt in vollkommener Harmonie, informiere ich Gisi per Walkie-Talkie, sobald ich aus dem Funkschatten der Schlucht heraus bin.