Im Hammam in Fès

Heute steht das Hammam auf dem Programm. Was früher für viele Stadtbewohner unserer Großelterngeneration das Tröpferlbad war – die einzige Waschgelegenheit – ist hier das Dampfbad.

Gisi geht mit Btissam, Monia und deren ältester Schwester Fatima, die auch ihre Kinder dabei hat und ich mit Tarik ins Hammam. Bei uns Männern gibt es vier abgestuft temperierte Säle, die bis zur hohen Decke hinauf, weiß gefliest sind, bei den Frauen nur zwei, wie ich später erfahren werde. Im dampfgeschwängerten ersten Raum, der zugleich der heißeste ist, hallen die Gespräche von einigen dutzend Männern von den glatten Wänden mehrfach reflektiert und deshalb von überallher zugleich; leise, wenn ich mich auf wenige, für mich unverständliche Wortfetzen konzentriere, doch laut in der Gesamtheit mit dem ständigen Plätschern von Wasser. Tarik dirigiert mich quer durch den Raum zu zwei gefliesten Becken, in denen sich kochend heißes und kaltes Wasser befindet. Wortlos drückt er mir mit einem schelmischen Grinser drei Kübel in die Hand, damit ich das nasse Element auf eine für mich gerade noch erträgliche Temperatur mixen kann. Tariks spitzbübisches Lächeln macht mich vorsichtig. Deshalb mische ich langsamer als er, dafür ohne Verbrühungen, das Wasser zusammen.

Dann geht’s los.

Es wird eingeseift, geschrubbt, gegenseitig massiert und nochmals geschrubbt. Jetzt weiß ich, weshalb der Geruch von Kernseife alle anderen fast vollständig übertüncht, selbst den von Schweiß.

Tarik sieht mich mit seinem typischen Dozentenblick an. In der Hand hält er einen groben Schwamm.

»Jetzt zeige ich dir, wie man richtig massiert. Leg’ dich auf den Boden.«

»Ja gerne.« Neugierig bringe ich mich am Bauch liegend in Stellung.

Tarik macht sich sofort ans Werk. Er schmiergelt mit dem rauen Schwamm über meinen Rücken und scheuert auch gewissenhaft meine Arme und die Beine, bis ich krebsrot leuchte.

»Schon schön sauber«, sagt der Herr der Kernseife. »Jetzt dreh’ dich bitte um.«

»Bitte Tarik; ein wenig sanfter.«

»Du bist doch ein Mann, das machen wir so bei uns im Hammam.«

Ich gebe ein knurrendes »Wenn du meinst!«, von mir und drehe mich in mein Schicksal ergebend um.

Gnadenlos bearbeitet Tarik auch die Vorderseite meines Körpers.

»Sicher porentief sauber«, sage ich säuerlich, nachdem er seine richtige Massage zu Ende gebracht hat, denn meine Haut brennt wie die eines Engländers nach dem ersten Strandtag ohne Sonnenschutz.

»Noch nicht ganz! Im nächsten Raum wird weiter geseift!«, murmelt Tarik, »doch jetzt bin ich dran.« Er leert sich einen Kübel Wasser über den Körper, gibt mir den Schwamm und die Kernseife und legt sich auf den Boden. »Du kannst anfangen. Schrubb’ fest, damit es ordentlich sauber wird!«

Das muss er mir nicht zweimal sagen. Ich massiere Tarik genauso marokkanisch, wie er mich, mit dem kleinen Unterschied, dass er die Prozedur genießt. Seine Haut und die Nerven haben sich offensichtlich im Laufe der Jahre an die missliche Behandlung gewöhnt. Danach mischen wir immer wieder Wasser mit unseren Kübeln zusammen, um es langsam plätschernd über uns zu gießen, während die Gespräche der Männer in Unterhosen und die Geräusche um uns hallen, uns einlullen, die Bewegungen immer langsamer werden und die Zeit schließlich stillzustehen scheint, bis wir in den nächsten Saal weiterwandern. Ich verliere mich weiter in der Zeit und in dieser Männerwelt aus Kernseife, Dampf und Schweiß, während sich Tarik zweimal von Kopf bis Fuß einseift und dies auch in den nächsten beiden Räumen gewissenhaft wiederholt.

»Jetzt bin ich sauber!«, sagt Tarik nach dem achten Mal endlich zufrieden. »Jetzt gehen wir nach Hause und könnten am Abend noch meine Frau besuchen gehen.«