Erste Europäer mit 2x4

Wir haben die Umrundung des Lac Tchad, des Tschadsees - 579 Kilometer -, als erste Österreicher im eigenen Fahrzeug, so lange sich die Zöllner erinnern können, hinter uns. Wir durften dies sogar bis Anfang 2002 selbst in den Büchern – so weit reichen sie zurück - nachprüfen. Seit 2002 sind rund 50 Fahrzeuge, allesamt Geländewagen, in Deboa, dem Grenzkaff zum Niger durchgekommen. Ohne Vierradantrieb sind wir damit auch die ersten Europäer seit Ewigkeiten und wissen nun genau weshalb. Wir würden die Strecke sicherlich kein zweites Mal ohne hoch gelegten Geländewagen angehen, doch vor der bequemen Durchquerung von Nigeria auf bestem Asphalt haben uns Botschaften, Militärs, ein Geheimdienstler und in Nähe der Grenze auch die Polizei, der Sicherheit wegen dringendst abgeraten. Bis N’Guigmi - ab dort zählen wir die Kilometer für die Umrundung des Lac Tchad - führt so etwas ähnliches wie Asphalt mit Schlaglöchern, die ein Fahrzeug verschwinden lassen können. Wir sind in der Nacht auch beinahe prompt mit Hidalgo, unserem Reisegefährt, abgesoffen. Danach übernachten wir noch einmal beim Gendarmerieposten in N’Guigmi, dem Grenzort im Niger, tranken am Abend mit dem Bürgermeister Moussa Arimi ein Bier, erfuhren interessante Details und wie die Politik im Niger wirklich funktioniert. Am Morgen machten wir uns auf, die richtigen Spuren im Sand hinter der Stadt, mit der Frage jeden Nomaden Methode, zu erwischen.

Am Nachmittag des ersten Tages raste eine Sandwand, gefolgt von einem Orkan mit sinnflutartigen Regenfällen auf uns zu – Heck gerade noch in das Inferno gedreht. Die Wassermassen wurden so arg vorbei gepeitscht, dass wir glauben mit 120 km/h dahin zu rasen – wissen noch nicht, ob wir das kurze Filmchen davon reinstellen können.

Das extrem berüchtigte Tiefsandstück vor der Grenze wurde zu einem einzigen Höllenritt, doch es sollte noch dicker kommen: Eine 25 Meter Sanddüne wurde zu einem beinahe unüberwindlichen Hindernis, wir erlebten einen Sandsturm, vergruben uns im Ton - werkten 9 Stunden bis wir wieder frei kamen -, und wir stießen irrtümlich auf die LKW Route ab Lioua, auch Liwa genannt. Danach mussten wir 149 Kilometer, 5 Tage lang querfeldein navigieren - Hidalgo sieht auch dementsprechend von Dornenbüxschen zerkratzt aus. Zum Glück hat die Regenzeit bereits eingesetzt und 20 Kilometer hinter Liwa sind die Dünen durch Bewuchs wenigstens so halbwegs befestigt, allerdings oft mit netten Tiefsandfallen dahinter. 25 Meter und auch 70 Meter Dünen waren für uns nun auch zu meistern. In Massaget erreichten wir wieder Asphalt und haben bis dorthin 579 Kilomter Entbehrungen, Leiden und schönste Momente hinter uns gebracht – der Lac Tschad, Tschadsee ist umrundet. Beim Novotel in N’Djamena sind sie so beeindruckt von unserer Odyssee, dass wir gratis campen dürfen und fast alle Einrichtungen mit benutzen können. Der Tschad entspricht zumindest für uns keinesfalls seinem schlechten Ruf, der ihn samt Kongo und der ZAR zu den heissten Pflastern Afrikas macht. Wir lernten gastfreundliche Nomaden kennen, trafen auf eine traumhaft verschlafene Stadt am Lac Tchad mit hilfsbereiten Menschen und hatten freundliche Begegnungen mit Militär und Gendarmerie. Entwicklungshelfer vom DED und anderen Organisationen, mit denen wir einen Abend verbracht hatten, erzählten uns jedoch auch Geschichten von teilweise selbst erlebten brutalen Übergriffen des Militärs. Renata meinte auch, dass die ZAR und der Sudan einfacher seien. Wir sind noch dabei uns ein genaueres Bild zu machen, um dem Land gerecht zu werden und berichten später darüber. Wir fahren nun via Kamerun in die ZAR, die Zentralafrikanische Republik. Die schlechte Sicherheitslage im Norden der ZAR und die sinnflutartigen Regenfälle im Süden des Tschad - Leute wurden bereits evakuiert - haben uns dies ratsam erscheinen lassen. Unsere Schutzengel sind schon genügend beschäftigt ;-)

Charly und Silvia aus der Schweiz, die wir in Mali kennen lernten, sind uns auch auf der Lac Tchad-Route gefolgt. Wir plaudern und plaudern seit Tagen im Hinterhof des Novotel, der Zone Technique. Die beiden werden heute Dienstag weiter nach Kamerun fahren und wir brechen morgen auf.

 

aus unserem DAILY:

 

Mo 4.7.2005

TAG 5

Die Falle ? im Ton vergraben

In der Nähe der Wegkreuzung für die Strecken Richtung Bega Sola und Bol verspricht eine Senke einen prima Abkürzer. Also rein, die Fahrspuren auf der anderen Seite locken. Nach rund 90 Metern macht es R U M S, Rüdiger spürt wie Hidalgo auf seiner Seite einfach wegsackt: ?Das glaubst nicht, das glaubst nicht!? ? ?Eh nicht viel passiert?!? ? ?Bei mir sitzen wir bis zum Bodenblech fest!? Bei Sand wäre dies keine große Sache, hatten wir ja schon x-mal. Doch wir sitzen in schmierigem, glitschigen Ton fest. Der nächste Baum ist für die Winde leider zu weit entfernt und Rüdiger meint resigniert: ?Das bedeutet einen ganzen Tag Arbeit!? Mit dem Jackall Wagenheber bekommen wir Hidalgo wegen der Saugwirkung fast nicht hoch, dabei schafft er locker 4 t. Also freischaufeln und nur mit vereinten Kräften hebt sich das rechte Hinterrad Zentimeter um Zentimeter. Sandbleche drunter, vorne dann einen Baumstamm zum stabilisieren. Da der Untergrund so instabil ist können wir kaum hochwuchten und werden wohl aushöhlen müssen ? 5 h Arbeit und dann können wir nicht mehr. Hoffentlich regnet es nicht in der Nacht, denn dann wird Hidalgo zum U-Boot.

Klicke hier für das Google Earth Foto der Lacke

 

Di 5.7.2005

TAG 6

 

Die Befreiung

Nach weiteren zwei Stunden hat Rüdiger 3 Kubikmeter Tonerde unter Hidalgo rausgeschaufelt und Gisi in der Zwischenzeit 5 cm dicke Hölzchen gesucht, die wir nun zurechtsägen. Insgesamt 98 Hölzchen dienen zur Stabilisierung des Untergrundes für die Vorderräder und als Verlängerung für die Sandbleche. In Stellen, in die wir beim Reinfahren leicht abgesackt sind, legen wir den Verschnitt und Palmblätter. Nach insgesamt 9 Stunden Knochenarbeit ist der große Moment: Den Motor einige Minuten vorwärmen und bei eins ? zwei ? drei schiebt Gisi und Rüdiger fährt in einem Zug retour aus der Falle. Bei der Markierung mit dem Jackall Wagenheber eine Kurve und auf den einzigen stabilen Untergrund: GESCHAFFT! Tasten uns weiter die 600m Richtung Sandalptraumkreuzung - 50 Meter breit und nur tiefe LKW-Spurrillen. Dort treffen sich die Wege nach Bol, Bega Sola und die LKW-Spur aus unserer Richtung.

 

Weiteres im DAILY --> 30.6. ? 15.7.2005